Bei großen Membranen sowie Waveguide Chassis ergeben sich sehr unterschiedliche Flugzeiten des Schalls zum Messmikrofon. Aktiv wäre das sicher kein Thema, jedoch für die Bestimmung einer passiven Weiche mittels Boxsim sollte das beachtet werden.
Anbei mein Beispiel:
[ATTACH=CONFIG]44469[/ATTACH]
Im unteren Teil wird ein 12 Zöller eingebaut und darüber ein Dayton Waveguide mit Druckkammertreiber. Wenn ich jetzt Frequenzgang und Phase zum Boxsim Import messe, dann erhalte ich Phasendifferenzen, die im Frequenzgang sichtbar werden. Die Messentfernung zu vergrößern bringt nichts, da die SEO nicht nur in der Y-Achse sondern auch in der Z-Achse nicht übereinstimmen. Es kommt also zu Abstrahlkeulen und die Phase wird nie so richtig passen.
Nun meine Frage:
Bisher habe ich die Messung auf Höhe des Hochtontreibers durchgeführt. Ist es für die Bestimmung des Weichendesign eventuell günstiger das Messmikro genau zwischen die Treiber zu setzen? Damit schalte ich die Phasendifferenz in einer Ebene aus.
Deine Überlegungen sind völlig richtig. Auf Hochtönerachse ergeben sich Phasenfehler bei der Messung des Tieftöners, die die Simulation schon merklich verfälschen. Eine Mikrofonposition auf halber Höhe ist daher viel besser.
Aber streng genommen erwartet Boxsim eine Messung auf Achse für jeden einzelnen Treiber. Da besteht die Herausforderung darin, den Abstand zur Schallwand immer genau gleich zu halten.
Hallo Dissy,
ich vertrete bei größeren Chassisdurchmessern und sehr unterschiedlichen Flugzeiten ebenfalls diese Ansicht.
Nun hat sich zufälligerweise bei meinem Projekt der größere Abstand zur Schallwand des Druckkammertreibers über den längeren Weg über Winkel des TMT wieder ausgeglichen.
Ich habe dazu mal die Sprungantworten verglichen.
[ATTACH=CONFIG]44472[/ATTACH]Sprungantwort auf Achse
[ATTACH=CONFIG]44473[/ATTACH]Sprungantwort zwischen den Chassis
In diesem besonderen Fall scheint die Position des Messmikros auf Achse des Hochtöners günstiger zu sein.
Ich denke nicht dass es eine gute Idee ist, die Laufzeiten eigenmächtig auszugleichen und Boxsim damit zu überlisten.
Das akustische Zentrum ist bei beiden Treibern irgendwo hinter der Schallwand, und diese Information ist bei einer korrekten Messung in den Phasendaten enthalten. Da sollte meiner Meinung nach nichts manipuliert werden, sondern nur genau gemessen.
Ich habe ja eine kleine Box entwickelt mit einem 8''-TMT und einem Druckkammertreiber auf einem Horn, hatte also mit der gleichen Problematik zu tun.
Mir kommt es logischer vor, TMT und HT von genau einer Position aus zu messen, nämlich von der aus, von der auch gehört werden wird. Ich habe den Punkt zwischen TMT und HT anvisiert, doch genauso könnte man den HT anvisieren, wenn es der zukünftigen Aufstellung/Ausrichtung gerechter wird.
Neben den Frequenzgängen werden ja wie wie gesagt auch die Phasengänge gemessen und in das betreffende Simulationsprogramm importiert. In denen sind die SEOs ja nach meinem Verständnis ja schon enthalten, so dass da eigentlich auch keine weitere Angabe dazu in der SImulation nötig sein sollte. Warum es diese Eingabemöglichkeit in der Regel trotzdem gibt, habe ich nie so recht verstanden.
Schlussendlich kann es auch sein, dass ich da einem Denkfehler erliege.....:denk:
29.07.2018, 15:12 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 29.07.2018, 18:17 von wolfgang520.)
Hallo Michael,
genauso sehe ich das auch. Es handelt sich nicht um Visaton Datensätze, bei denen die Phase in den Daten enthalten ist, sondern um einen Datenimport (Pkt. 5 Frequenzgangmessung lt. Boxsim).
Boxsim simuliert in diesem Fall nicht mit Phase Null, sondern mit dem txt-Wert der Messung.
Ich denke, die Hörposition wäre die richtige Position für das Messmikro. Nun würde sich bei Vergrößern des Hörabstandes eine Keule bilden (siehe Appolito). In meinem Beispiel stimmt bei einem Meter Hörabstand die Phase recht gut überein. Ein veränderter Abstand führt dagegen zu Phasendifferenzen. Am Frequenzgang unter Winkeln ist das deutlich zu erkennen (durch den Umweg über ein Waveguide entsteht eine Phasendifferenz im Winkel):
[ATTACH=CONFIG]44474[/ATTACH]
Bei 2500 Hz liegt die Trennung und dort wird auch die Phasendifferenz sichtbar.
Ich werde jetzt mal eine Messung bei 2,5 Metern Abstand durchführen und dabei die Sprungantworten wieder übereinanderlegen. Das wird voraussichtlich nicht mehr genau axial liegen, sondern vertikal verschoben. Dadurch wird eine Abstrahlkeule gekennzeichnet.
Ich vermute wahrhaftig noch Unklarheiten beim Datenimport in Boxsim. Der Entwickler schrieb im Visaton Forum, dass bei importierten Daten die Funktion "rückseitig geschlossen" angeklickt werden soll, um die Gehäuseberechnung auszuschließen. Ob das heute noch so ist oder geändert wurde? Na jedenfalls habe ich das Thema im Visaton Forum eingebracht, unter http://www.visaton.de/vb/showthread.php?...post436474.
Aus der reinen Logik heraus müssten die Messwerte für den Import an der Hörposition aufgenommen werden.
Das Programm Boxsim hat nämlich keine Eingabe für die Hörposition. Die Phasendifferenz ändert sich mit dem Hörabstand, und würde dann nur bei 1m Hör- und Messposition stimmen.
Anbei zwei Messungen der Sprungantwort in unterschiedlichen Entfernungen. Die wechselnde Differenz zwischen HT und TMT ist deutlich zu sehen.
[ATTACH=CONFIG]44487[/ATTACH]Messentfernung 1m
[ATTACH=CONFIG]44488[/ATTACH]Messentfernung 2,5 m (der TMT ist deutlich früher)
Hallo Dirk,
ich habe da auch noch einige andere Programme, z.B. AJ Horn, LspCad, usw., wenn man sich jedoch einmal an ein Programm gewöhnt hat, dann möchte man nicht mehr umstellen.
wolfgang520 schrieb:Bisher habe ich die Messung auf Höhe des Hochtontreibers durchgeführt. Ist es für die Bestimmung des Weichendesign eventuell günstiger das Messmikro genau zwischen die Treiber zu setzen? Damit schalte ich die Phasendifferenz in einer Ebene aus.
In Ohrhöhe. Und den Messabstand so wählen, dass er der Realität nahe kommt - also nicht in 1m, sondern eher 2 bis 3.
Wenn Ihr die unterschiedlichen Laufzeiten heraus rechnet bzw. vor jedem Treiber auf Achse messt dann könnt Ihr zwar nachher ganz tolle Kurven in der Simulation erzeugen, die haben nur mit der Realität am Hörplatz nicht mehr unbedingt viel zu tun.
30.07.2018, 07:37 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 30.07.2018, 08:44 von Chlang.)
wolfgang520 schrieb:Ich vermute wahrhaftig noch Unklarheiten beim Datenimport in Boxsim...
... Aus der reinen Logik heraus müssten die Messwerte für den Import an der Hörposition aufgenommen werden.
Das Programm Boxsim hat nämlich keine Eingabe für die Hörposition. Die Phasendifferenz ändert sich mit dem Hörabstand, und würde dann nur bei 1m Hör- und Messposition stimmen...
Da Boxsim nicht wissen kann, in welchem Abstand die Boxen gehört werden und welcher Höhe sich das Ohr befindet, tut es (wenn man nach Hanbuch arbeitet) so, als ob man unendlich weit von den Chassis weg sitzt oder anders ausgedrückt, als ob das Ohr sich auf Achse jedes einzelnen Chassis befindet. Das ist für sehr kurze Hörabstände möglicherweise deutlich fehlerbehaftet, für größere aber eine sehr gute Annäherung (außer man trennt sehr hoch und dann ist es eh schon wurscht) und aus meiner Sicht der beste Kompromiss.
Es gilt halt wie immer, man muss wissen, was man tut. Und dass sich die Phasenbeziehung unter Winkel ändert, wenn die "Schallentstehungsorte" der Chassis nicht auf einer Ebene liegen liegt an der Konsruktion, nicht am Simulationsprogramm.
Grüße
Chlang
[SIZE=2]Alle selbst ernannten Götter werden dir zürnen, wenn du dich nicht von ihnen erlösen lässt.
[/SIZE]:dont_know:
Also nochmal ausführlicher: ich habe einen kleines 8''/1''-Top entwickelt. Das habe ich so aufgestellt, dass es möglichst weit von reflektierenden Flächen entfernt war. Das Mikrophon (pegel- und FG-korrigiert) habe ich in einem Meter Entfernung aufgestellt und es auf den Punkt zwischen TMT und HT gerichtet, von dem aus voraussichtlich auch die Abhörachse ausgeht. Die Messungen habe ich dann gefenstert, indem ich die erste ankommende Reflexion ausgeblendet habe.
Einen SEO-Versatz habe ich beim anschließenden Import (erst Boxsim, mittlerweile VituixCAD) nicht angegeben, weil diese Information ja schon in den Phasengängen vorhanden ist.
Gibt es überhaupt irgendein Szenario, in dem es nützlich sein könnte, jeden einzelnen Treiber auf Achse zu messen? Man handelt sich doch nach meiner Vorstellung nur eine m.A.n. unnötige Kompliziertheit ein.
JFA schrieb:In Ohrhöhe. Und den Messabstand so wählen, dass er der Realität nahe kommt - also nicht in 1m, sondern eher 2 bis 3.
Man misst ja im Fernfeld, um auch Effekte, die das Gehäuse auf das Abstrahlverhalten hat, hinreichend zu erfassen, wenn ich das richtig verstanden habe. Ich hätte deshalb gedacht, dass der Messabstand mit der Größe der zu messenden Box zusammenhängt. Oder gibt es noch andere Gründe, auch bei kleineren Boxen den Messabstand größer als den von mir verwendeten einen Meter zu wählen?
Chlang schrieb:Es gilt halt wie immer, man muss wissen, was man tut. Und dass sich die Phasenbeziehung unter Winkel ändert, wenn die "Schallentstehungsorte" der Chassis nicht auf einer Ebene liegen liegt an der Konsruktion, nicht am Simulationsprogramm.
Grüße
Chlang
Hallo Chlang,
es hat niemand behauptet, dass die Phasenbeziehung der Schallentstehungsorte, die nicht auf einer Ebene liegen, am Simulationsprogramm liegt. Wenn es nach Deiner Aussage an der Konstruktion liegt, dann erkläre bitte, wie man bei Mehrwegeboxen die Schallentstehungsorte konstruktiv in eine Ebene legen sollte.
Trotzdem ist es schon von Interesse in welcher Art und Weise die Messung für die Importdaten erfolgen soll.
Azrael schrieb:Oder gibt es noch andere Gründe, auch bei kleineren Boxen den Messabstand größer als den von mir verwendeten einen Meter zu wählen?
Mit nur zwei Chassis und einem relativ geringem Tiefenversatz des "Schallentstehungsorte" machst du mit der Messung auf Höhe der Mitte der Mittelpunkte der Chassis schon relativ wenig verkehrt. Auf alle Fälle sollte dann die Messung der Simulation entasprechen, wenn du unter identischen Bedeingungen misst.
Je höher die Trennfrequenz liegt und je weiter die "Schallentstehungsorte" auseinander liegen, um so größer sollte unabhängig von der Gehäusedimension und deren Effekten die Messdistanz bei obigem Messansatz gewählt werden (es sei denn, du entwickelst für einen genau definierten Hörabstand und Winkel).
Und wie gesagt: Boxsim umgeht dieses Problem in dem es die Phasendifferenz der Chassis für eine "unendliche Messentfernung" zur Simulation verwendet.
Grüße
Chlang
[SIZE=2]Alle selbst ernannten Götter werden dir zürnen, wenn du dich nicht von ihnen erlösen lässt.
[/SIZE]:dont_know:
Azrael schrieb:Man misst ja im Fernfeld, um auch Effekte, die das Gehäuse auf das Abstrahlverhalten hat, hinreichend zu erfassen, wenn ich das richtig verstanden habe. Ich hätte deshalb gedacht, dass der Messabstand mit der Größe der zu messenden Box zusammenhängt. Oder gibt es noch andere Gründe, auch bei kleineren Boxen den Messabstand größer als den von mir verwendeten einen Meter zu wählen?
Je kleiner die Box - oder besser ausgedrückt: je kleiner der Treiberabstand - umso geringer ist der Unterschied zwischen der klassischen Messung bei 1m* und Xm. Also skaliert es irgendwo schon mit der Größe der Lautsprecher.
* ich vermute ja, dass die 1m wegen einer Fehlinterpretation der Norm enstanden sind. Tatsächlich wird dort der Messabstand nirgends genau festgelegt, sondern soll so gewählt werden, dass der durch die unweigerlichen Interferenzen entstehende Fehler minimiert wird. Die Angabe erfolgt dann lediglich auf 1 Meter umgerechnet.
Hallo Christoph,
ein interessanter Artikel!
Die Differenz der winkelabhängigen Flugzeiten beim Horn habe ich jedoch nicht auf ein mit der Schallwand bündig abschließendes Horn bezogen.
[ATTACH=CONFIG]44504[/ATTACH]Da ich das nicht anders zeichnen konnte, habe ich die Chassis nicht übereinander gelegt. Der Umweg über das hervorstehende Horn ist jedoch deutlich sichtbar.
Zitat:bei einem Horn unter Winkel passt das auch nicht mehr.
Bei großen LS messe ich mit mindestens 1,80m Abstand auf Abhörhöhe (zw. HT/MT oder auf Höhe HT bei D'Appolito), bei einem großen Horn sollte es wahrscheinlich eher 2-3m sein, das würde aber bei meinem Raum mit 2,35m Deckenhöhe auch nicht mehr optimal sein - einen Tod muss man sterben.
Um bei den Winkelmessungen die Phasenbeziehungen möglichst gut abzubilden (Änderung durch Drehpunkt oder Laufwegveränderung), wird für jeden Winkel immer zuerst der HT vermessen, dessen Delay bestimmt, dann die anderen Chassis mit diesem Delay vermessen. So erhält man immer die Phasenbeziehung wie sie auch am Ohr/Mic auf dem entsprechenden Winkel (und Entfernung) anliegt.
Dadurch stimmen die Phasenbeziehungen im Simulationsprogramm und in späteren Messungen für jeden Winkel praktisch exakt überein und entsprechen dem was am Ohr (an Direktschall) ankommt.
Wie schon gesagt wurde, wenn sich die spätere Abhörentfernung (bei großen Chassis-Abständen) nicht deutlich unterscheidet, ist der Ansatz hinreichend genau.