josh_cpct schrieb:Zeit, Einfluss umgebender Magnete, Hitze an der Spule, Stöße bei Versand.... sind natürliche Feinde des Flux.
Hier lohnt es sich, mal ein wenig über die Faktoren der Entmagnetisierung zu sinnieren:
- Zeit: irrelevant, zumindest nicht in menschlichen Dimensionen gedacht. Man findet heute noch magnetisierte Gesteine von vor Millionen von Jahren (Paläomagnetismus)
- Stöße bei Versand: wie stark wird der denn gestoßen? Prinzipiell kann man Magnete durch Schläge entmagnetisieren, aber ich habe zumindest schon mal mit einem Hammer einem Lautsprecher-Keramikmagneten ordentlich einen verpasst und da ist nichts passiert. Alnico mag sich anders verhalten.
- Hitze an der Spule: ja, aber über Umwege. Theoretisch kann man einen Magneten durch Überschreiten der Curie-Temperatur entmagnetisieren. Nur ist die bei gängigen Materialien so hoch (> 500 °C, bei manchen Neos > 300°C), das die Schwingspule vorher weggebrannt ist, wodurch keine weitere Hitze mehr entsteht. Der Umweg kommt jetzt:
- umgebende Magnete:
um einen Magneten zu magnetisieren braucht es ein magnetisches Feld einer bestimmten Stärke, die durch die Sättigungsflussdichte bestimmt wird. Entfernt man das magnetische Feld bleibt die Remanenzflussdichte Br übrig. Um den Magneten zu entmagnetisieren benötigt es ein magnetisches Feld, welches dem Feld des Magneten entgegen gesetzt orientiert ist. Das ist die Koerzitivfeldstärke -Hc.
Br gilt allerdings nur, wenn der perfekt leitende Magnetkreis vollständig geschlossen ist. Sobald er das nicht ist - also in der Realität immer - wirkt schon ein Feld (eine Last) auf den Magneten. Im Kennlinienfeld des Magneten befinden wir uns dann im 2ten Quadranten.
Nun kommt noch die Spule mit ihrem Strom dazu. Die erzeugt auch ein weiteres Feld, ebenfalls wieder (teilweise) dem des Magneten entgegen gesetzt. Normalerweise baut man Magnete so, dass im Normalbetrieb keine Magnetisierung vorkommt, es ist allerdings auch schon mal passiert.
Oder man hat bei der Temperatur nicht daran gedacht: Hc ist abhängig von der Temperatur, und zwar positiv für Keramik (gut!), schwach negativ für Alnico (gut!), und stark negativ für Neo (schlecht!). Für Keramik ist zwar Hitze ganz gut, dafür aber Kälte überhaupt nicht, man sollte also aufpassen, eiskalte Lautsprecher sofort in Konzertlautstärke zu betreiben. Alle 3 Materialien haben übrigens einen negativen Temperaturkoeffizienten für Br.
Aber es gibt noch einen anderen Effekt. Keramik und Neo haben eine ziemlich lineare BH-Kennlinie bis knapp oberhalb -Hc. Solange man sich im linearen Teil befindet behält der Magnet seine Remanenzflussdichte. Treibt man ihn in den nicht-linearen Bereich, wird er bei Entfernen des Feldes einer nach unten verschobenen BH-Kennlinie folgen. Er wird schwächer.
Alnicos haben selten eine lineare Kennlinie. Sie haben zwar ein hohes Br und Hc, aber die BH-Kennlinie ist krumm. Hier gibt es einen kleinen Trick: fährt man in den nicht-linearen Bereich, dann ist die neue Kurve nicht einfach nur parallel nach unten verschoben, sondern verläuft vom Punkt der maximalen angelegten Feldstärke linear zurück zu H=0 und dem neuen Br. Tatsächlich wurden so Alnicos linearisiert und stabilisiert. Wegen des geringen Temperaturkoeffizienten dann richtig stabil. Allerdings auch: wenn man es schlecht machte entmagnetisiert.
Zusammengefasst:
- Keramik-Magneten macht Wärme nicht viel aus, dafür Kälte
- Neo-Magnete andersrum
- beide Materialien verlieren Br mit Temperatur, das ist aber reversibel
- beide Materialien haben über einen weiten Bereich ein lineares Magnetfeld, in der Nähe der Koerzitivfeldstärke ist dann aber ganz schnell Feierabend
- Alnicos macht Temperatur eher wenig aus
- sie haben eine krumme Kennlinie, durch die sie sehr schnell im Betrieb an Leistung verlieren
- für alle gilt: je größer das Verhältnis von Länge zu Fläche umso unwahrscheinlicher ist die Entmagnetisierung
Also: normalerweise entmagnetisieren sich die üblichen Materialien nicht (Alnico: siehe oben). Nur bei falsch designten Systemen, mit zu wenig Sicherheitsspielraum, kann es im Betrieb zu permanenten Abschwächungen kommen.