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Liebe Mitleserinnen, Mitleser, Foristinnen und Foristen,

wer sich von Euch in letzter Zeit mit dem Gedanken getragen hat, Mitglied unseres wunderbaren IGDH-Forums zu werden und die vorher an dieser Stelle beschriebene Prozedur dafür auf sich genommen hat, musste oftmals enttäuscht feststellen, dass von unserer Seite keine angemessene Reaktion erfolgte.

Dafür entschuldige ich mich im Namen des Vereins!

Es gibt massive technische Probleme mit der veralteten und mittlerweile sehr wackeligen Foren-Software und die Freischaltung neuer User ist deshalb momentan nicht mit angemessenem administrativem Aufwand möglich.

Wir arbeiten mit Hochdruck daran, das Forum neu aufzusetzen und es sieht alles sehr vielversprechend aus.

Sobald es dies bezüglich Neuigkeiten, respektive einen Zeitplan gibt, lasse ich es Euch hier wissen.

Das wird auch für alle hier schon registrierten User wichtig sein, weil wir dann mit Euch den Umzug auf das neue Forum abstimmen werden.

Wir freuen uns sehr, wenn sich die geneigten Mitleserinnen und Mitleser, die sich bisher vergeblich um eine Freischaltung bemüht haben, nach der Neuaufsetzung abermals ein Herz fassen wollen und wir sie dann im neuen Forum willkommen heißen können.

Herzliche Grüße von Eurem ersten Vorsitzenden der IGDH

Rainer Feile
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  1. #1
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    Standard Korrekte Messdistanz & mehr für die GPM im Tiefton - messtechnische Abhandlung

    Hallo DIY-HiFi-Forum.

    Die Bodenmessung aka GPM (Groundplane Measurement) Outdoor ist für viele Anwender insb. für Subwoofer die Messmethode der Wahl. Eine auf den ersten Blick simplere akustische Messung gibt es kaum - Subwoofer und Mikro aufeinander ausgerichtet auf dem Boden stellen/legen - Stativ bzw. Anwinkelung braucht's bei den grossen Wellenlängen im Bass und der einhergehenden Omnidirektionalität der Quelle als auch des Messinstruments nicht - fertig.

    Bei dokumentierten GP-Messungen in diversen Online-Communities fällt jedoch überwiegend auf, dass sich Anwender durch unglücklich gewählte Messdistanzen das Ergebnis verfälschen. Das Problem ist meist ein zu hoher Abstand von Lautsprecher zu Mikrofon, und ein im Verhältnis zu geringer zum nächsten schallharten Hindernis. Das Verhältnis vom Direktschall des Lautsprechers zu Reflexionen der nächsten Hindernisse am Mikrofon wird damit ungünstig, der Frequenzgang wellig.

    In meinem Messguide im HiFi-Forum habe ich bereits einen Abschnitt zu diesem Thema; es schadet aber denk ich nicht es hier nochmal im Detail abzuhandeln.


    In der ersten Literatur zur GPM - Groundplane Acoustic Measurement of Loudspeaker Systems, Gander, 1980 - wird, um Reflexionen ausreichend zu übertönen, die mind. 5fache Distanz des Messsetups zum nächsten schallharten Hindernis von der Distanz von Mikrofon zu Lautsprecher empfohlen.

    Sehen wir uns die Empfehlung anhand eines Beispiels an. Hier in türkis die Messung eines Subwoofers in einem Aussenhof, Distanz Mic zu Lsp 1m, Abstand zum nächsten relevanten Hindernis (grosses Garagentor) ~5m; zum Vergleich in schwarz die selbe Messung auf einem landwirtschaftlichen Grundstück fernab der Zivilisation, ohne schallharte Hindernisse; keine Glättung, 32k FFT in ARTA:

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    Die "echte Outdoor-Messung" sieht ein Stück glatter aus. Die Messung im Hof ist aufgrund des beschriebenen Einflusses von Reflexionen (nach Frequenz / Wellenlänge abwechselnde Addition und Auslöschung mit dem Schall des Lautsprechers) welliger, allerdings im Rahmen - für Hobbymessungen ist das Ergebnis, insb. wenn man nachträglich glätten würde, akzeptabel.

    Ist allerdings vll. mit einfachen Mitteln, ohne an den Messbedingungen etwas zu ändern, ein besseres Ergebnis möglich?
    Kommen wir zur Fensterung / Gating. Mit diesem liesse sich das Zeitfenster der Messung so beschränken, dass die Reflexion ausgeblendet wird. In dem Fall der Aussenhof-Messung ergeben 5 Meter vom Lsp zum Garagentor + 5 zurück zum Mikro 10 Meter Laufweg, bei 343 m/s Schallgeschwindigkeit entsprechend ~30 ms Laufzeit.
    Hier das Ergebnis - türkis ungefenstert, schwarz mit 30 ms Gate:

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    Wir sehen, im Grossteil des Übertragungsbandes verschwindet wie die Welligkeit, und bleibt der gewünschte Frequenzgang übrig - am unteren Ende bricht die Response jedoch deutlich ein. Warum?
    Nun, Das Messobjekt ist ein Bassreflexlautsprecher; bei diesem gibt am unteren Ende des Übertragungsbandes fast nur der Helmholtzresonator Schall ab. Dieser schwingt deutlich länger nach als der Direktschall des Chassis - länger auch als die 30 ms Zeitfenster, die wir gesetzt hatten. Siehe dazu das Wasserfalldiagramm (CSD):

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    Wir beschneiden bei diesem Lautsprecher als mit einem zu kurzen Gate die Response des Ports.
    Um dies nochmal zu belegen hier die Messung einer geschlossenen Box (CB), welche mangels Resonator deutlich schneller ausschwingt; in türkis ungefenstert, in schwarz mit den gleichen 30 ms Gate wie bei der BR-Messung - wie man sieht, hier funktioniert das begrenzen des Zeitfensters auf diesen kurzen Wert einwandfrei, d.h. entfernt nur die Welligkeit durch Reflexionen und Noise und beeinträchtigt die eigentliche Response nicht:

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    In welchem Rahmen sich sinnvoll gaten lässt kommt also stark auf den Lautsprecher(typ) an.


    Behandeln wir nun den notwendigen Mindestabstand - Nahfeld vs. Fernfeld. Grundsätzlich hat ein Lautsprecher im Nahfeld einen signifikant anderen Frequenzgang als im Fernfeld.
    Zur Demonstration hier in türkis die Response eines Subwoofers im Fernfeld, in blau die (kombinierte, da Bassreflex) Nahfeldmessung, und in schwarz die via einer mathematischen Funktion (ARTA: LF Diffraction) auf das Fernfeld umgerechnete Nahfeldmessung - wie man sieht, im Nahfeld ist der Tiefton deutlich lauter als im Fernfeld:

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    Interessieren tut uns die Response im Fernfeld, da wir in diesem hören. Wir müssen also bestimmen, ab wann ein Lautsprecher im Fernfeld spielt, um die korrekte Messdistanz zu wählen.

    Formeln und Faustregeln zur Errechnung des Fernfelds gibt es wie Sand am Meer. Die ARTA Application Note zum Thema spricht von dem 6fachen des effektiven Membranradius. Gander spricht in seinem AES-Paper von mind. dem 3fachen der längsten Gehäuseseite, inkl. Spiegelschallquelle. Jobsti's Online-Rechner berechnet wiederum anders bzw. liefert andere Ergebnisse. Was alle gemeinsam haben ist dass sie relativ hohe Werte liefern, die das korrekte messen Outdoor, wenn man nicht grade einen sehr grossen Hof, Garten, oder sonstigen freien Platz zur Verfügung hat, schwierig bis unmöglich machen.

    Eine theoretische Abhandlung erspare ich mir als auch euch an dieser Stelle. Im Endeffekt würde unabhängig vom Aufwand kein Beleg möglich sein. Stattdessen will ich mit weitaus konkreteren und hilfreicheren Daten aus der Praxis / Realität dienen.

    Der Proband ist ein PA-18"-BR-Subwoofer. Der effektive Membrandurchmesser beträgt 40cm, die Schwallwandgrösse 58x65 cm. Je nach oben genannten Formeln wären wir im relevanten Übertragungsbereichs des Subs (~35-150 Hz) ab 2,4 bis 8,5 Meter im Fernfeld. Niedrigere Messabstände sollten laut vorliegendem Wissen im Nahfeld liegen, und signifikant andere Frequenzgänge produzieren.
    Anbei Frequenzgang-/Wirkungsgradmessungen in GP. Der Sub stand mit dem Port seitig, das Mikro mittig zwischen Port und Membran - identer Abstand von Membran und Port zu Mikro. Die Distanz von Lsp zu Mic wird von der Schallwand gemessen. In türkis 0,5 Meter Distanz @ 1,4 Volt Ampspannung, in blau 1m @ 2,8V, in weinrot 2m @ 5,6V, in ocker 4m @ 11,2V, in schwarz 10m @ 28V:

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    Die 0,5m Messung zeigt ab ~130 Hz leichte Änderungen. Die 10m Messung fällt um fb etwas ab (<1 dB) - das ist, da die Änderung nur sehr nahe dem BR-Tuning auftritt, angesichts 100 Watt zugeführter Leistung eher einer einsetzenden Portkompression, als einer grundsätzlichen Frequenzgangänderung aufgrund Distanzänderung, zuzuschreiben.
    Insgesamt finden wir aber im Bassbereich in keiner der Distanzen Abweichungen, die klar über die Messtoleranz hinausgehen.
    Ab ~200 Hz zeigen sich zunehmend Abweichungen, die nehme ich an aufgrund des nach Distanz unterschiedlichen Winkels von Lautsprecher zu Mikrofon eher auf Bündelungseffekte der Membran, als Unterschiede zwischen Nahfeld- und Fernfeld zurückzuführen sind.

    Anmerkung: diese Ergebnisse sind kein Einzelfall - ich habe derartige Vergleiche bereits an verschiedenen Subwoofern unterschiedlicher Grösse & Designs durchgeführt, mit weitestgehend gleichbleibenden Ergebnissen.


    Fazit: die empfohlenen Mindestabstände für Nah-vs. Fernfeld aus der Literatur, die so auch regelmässig in der Community wiederholt & angewendet werden, können messtechnisch nicht bestätigt werden. Insb. in schwierigen (-> kleinen/engen) Messumgebungen kann und sollte daher bei der GPM / Bodenmessung von Subwoofern ein deutlich geringerer Abstand von Mikrofon zu Lautsprecher verwendet werden. Nur so kann in den meisten Messumgebungen der Einfluss von Reflexionen ausreichend reduziert, und eine saubere, aussagekräftige Messung sichergestellt werden.

    Beim fenstern ist mit Vorsicht vorzugehen. Gehäusetypen mit Resonator reagieren auf zu radikales Gating mit signifikanten Einbrüchen im Frequenzgang. Bei geschlossenen Boxen kann deutlich freizügiger gefenstert werden.


    Viel Spass & Erfolg beim messen,
    Stoneeh

  2. #2
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    Moin,




    richtig guter Lesestoff, wird direkt ausgedruckt.
    Gruß
    Thomas
    Wer der Herde folgt, sieht nur Ärsche_ frei nach Hannes Jaenicke


  3. #3
    Weil ich Bock d'rauf hab' Benutzerbild von hoschibill
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    Hi stoneeh
    Sehr großartig. Vielen Dank für die, sehr gut verständliche, Abhandlung .

    Gruß Olli
    "Die Tiefe ist rund" (C) Kaspie.

    GLÜCK IST, WENN ES KEINE KATASTROPHE GIBT


  4. #4
    Good Vibrations Benutzerbild von Jesse
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    Hallo Stoneeh,

    sehr anschaulich und hilfreich, danke.


    Ich hab das mal als PDF angehängt:

    Korrekte Messdistanz & mehr für die GPM im Tiefton - messtechnische Abhandlung.pdf
    Geändert von Jesse (13.09.2021 um 12:43 Uhr)
    Gruß

    Jesse Good Vibrations




    Die Realität ist in Wirklichkeit etwas komplizierter.

  5. #5
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    Sehr geil Jesse Wurde gleich abgespeichert.. find ich so sehr schön / übersichtlich zu lesen. Danke auch naumi und Olli für den Zuspruch! Würde mich btw. auch freuen wenn der Content auf anderen Plattformen geteilt wird.

    Eins möcht ich noch kurz ergänzen / relativieren / klarstellen: ich möchte mit meinem Text nicht besagen dass die Kompendien auf die ich verweise, bzw. die erwähnten Formeln darin, obsolet bzw. gänzlich falsch wären. Ich habe sie nicht vollkommen analysiert und jeden Teilaspekt überprüft; anhand dessen etwas zu diskreditieren hätte wenig mit wissenschaftlicher Vorgangsweise zu tun. Meine Messungen können nur allermindestens darstellen / belegen dass deutlich kürzere Messdistanzen als nach den erwähnten gängigen Formeln im Bassbereich vollkommen akzeptabel sind und zu keinen nennenswerten linearen Verzerrungen führen. Im Frequenzbereich darüber mutmasse ich ähnliches, und dass die gemessenen Unterschiede wie schon erwähnt auf Bündelung zurückzuführen sind. Einwandfrei belegen kann ich letzteres aber nicht.

    PS: ein ähnliche Abhandlung zur kombinierten Nahfeldmessung vs. Fernfeldmessung würde nehm ich an ebenfalls interessieren? Keine Garantie darauf - ich frag nur mal der Sicherheit halber nach.

  6. #6
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    Danke Stoneeh für den klasse Artikel,
    und danke Jesse für das Umwandeln in ein PDF!
    Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten, sie fliehen vorbei, wie nächtliche Schatten.
    Kein Mensch kann sie wissen, kein Jäger erschießen. Es bleibet dabei: Die Gedanken sind frei.

    Liebe Grüße Willi

  7. #7
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    Vielen Dank Stoneeh.

  8. #8
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    Hi nochmal allerseits.

    Innerhalb meiner aktuellen Tüftelei A project to be hat es sich ergeben, die GPM im gesamten Frequenzbereich auf unterschiedlichen Untergründen mit der Stativ- & Nahfeldmessung zu vergleichen. Ähnliche Vergleiche sind in der Literatur zu finden, aber meist (no offense an die Autoren - ich schätze eure Arbeit trotzdem) in nicht sehr sauberen Messumgebungen - darum war es mir wert diesen Vergleich neu aufzuziehen.

    Da Part 1, Tiefton, positives Feedback erhalten hat, erlaube ich mir nun auch diesen mit euch zu teilen.

    Der Proband ist eine CB mit 5" Chassis, Schallwandgröße 20x20cm. Um sich zwischen den Messmethoden verändernde externe Variablen, d.h. insb. Raumeinflüsse und Umgebungsgeräusche, die die Ergebnisse verfälschen würden, auszuschließen, wurde jeder Messaufbau Outdoor, auf landwirtschaftlichen Gebiet, d.h. keine schallharten Hindernisse (Gebäude o.ä.) für hunderte Meter, an einem windstillen Tag, durchgeführt. Es wurde nachts gemessen, was den Vorteil hat a) Umgebungsgeräusche weiter zu reduzieren b) für die GPM auf Asphalt, die auf einer einspurigen asphaltierten Straße zwischen zwei kleinen Ortschaften durchgeführt wurde, die Wahrscheinlichkeit zu reduzieren dass die Messung wegen Verkehr unterbrochen und neu aufgebaut werden muss.
    Die Messdistanz war bei den Fernfeldmessungen stets 1m; die Nahfeldmessung erfolgte, wie üblich, mit Mikrofonspitze so nahe wie möglich an der Dustcap bzw. Membranmitte. Als Messspannung wurde bei den Fernfeldmessungen 2,83V verwendet.


    GPM Asphalt - Schallquelle auf Mikrofon angewinkelt vs. nicht angewinkelt:

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    Wie man sieht, keine über die Messtoleranz hinausgehenden Änderungen. Nur ab deutlich größeren Membrandurchmessern mit höherem Bündelungsgrad, und/oder niedrigeren Messabständen, würden sich Unterschiede zeigen.


    GPM Asphalt (türkis) vs. Rasen / Wiese (ca. 3-4cm hohes Gras, Boden minimal uneben; schwarze Kurve):

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    Im Bassbereich zeigt sich eine perfekte Übereinstimmung. Man liest ja teils Behauptungen oder Spekulation, dass Rasen / Erde nicht schallhart, und somit insb. für Wirkungsgrad- oder Maximalpegelmessungen nicht geeignet wäre. Für den Tieftonbereich ist dies hiermit entkräftet.
    Ab dem Mittelton ergeben sich erwarteterweise Differenzen, da mit abnehmenden Wellenlängen der Absorptionsgrad des Bodenbewuchses, als auch Reflexionen von den leichten Bodenunebenheiten, relevant werden.


    Stativmessung; Mikrofon & Lautsprecher je auf 2m Höhe. Es gibt zu bedenken dass wir bei diesem Aufbau Reflexionen vom Boden mitmessen. Der Laufweg von Lautsprecher zu Mikrofon ist 1 Meter. Der Laufweg der ersten Reflexion berechnet sich mit der Summe der zwei längsten Schenkel eines Dreiecks zwischen vertikal 2m und horizontal 1m, d.h. etwas über 4 Meter.
    Wenn wir ein Messfenster (Gate) setzen wollen, muss dies also zwischen direkt vor dem eintreffen des Schalls am Mikrofon (1 Meter Laufweg) und dem eintreffen der ersten Reflexion (~4m Laufweg), netto ~3m Laufweg, entsprechend ~9 ms Laufzeit bei Schallgeschwindigkeit 343 m/s, gesetzt werden.
    In der Impulsantwort sehen wir das eintreffen der ersten Reflexion nach den erwarteten ~3m / ~9ms; das Gate habe ich hier via dem Cursor (gelbe vertikale Linie) direkt vor der Impulsantwort & dem Marker (rote vertikale Linie) vor der Reflexion bereits gesetzt:

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    Frequenzgang ohne (türkis) vs. mit Gate (schwarz):

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    Es zeigt sich in der ungefensterten Messung lehrbuchmäßig der auf- und abschwellende Kurvenverlauf aufgrund der nach Frequenz / Wellenlänge wechselnden Addition und Subtraktion der Bodenreflexion mit dem Direktschall des Lautsprechers. Zu höheren Frequenzen, mit zunehmenden Bündelungsgrad des Lautsprechers (-> Schall erreicht nicht mehr, bzw. nur mehr sehr weit entfernt, den Boden), schwindet dieser Einfluss. Die via Fensterung von der Reflexion befreite Messung ist im Kontrast dazu komplett glatt.


    Frequenzgang Stativ (schwarz) vs. GPM Asphalt (türkis); links original, rechts im Pegel angepasst:

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    Dem Lehrbuch nach ist die Messung auf Stativ eine Vollraummessung. Die GPM entspricht einer Vollraummessung mit Verdoppelung des Schalldrucks (+6 dB SPL) durch die Spiegelschallquelle des Bodens. Mit der Anhebung des Pegels der Stativmessung um 6 dB (rechte Grafik) ergibt sich somit eine hohe Übereinstimmung zwischen den Methoden.
    Die verbleibenden Differenzen würde ich wie folgt erklären: unter 40 Hz verliert die Stativmessung durch das kleine Messfenster an Auflösung und wird ungenau. Im Hochton gewinnt die mangelnde Winkelung des Mikrofons (welches ja prinzipbedingt flach am Boden liegt) zum Lautsprecher, und somit dessen üblichen Empfindlichkeitsabfall unter zu hohen Frequenzen unter Winkel, an Bedeutung - die Stativmessung wird hier zunehmend lauter. Und die 1-2 dB Abweichung zwischen ~300 und 600 Hz sind mir ein Mysterium - in jedem Fall aber nicht dramatisch.


    Nahfeldmessung ohne (schwarz) vs. mit Bafflestep-Korrektur (in VituixCAD; rot) vs. GPM Asphalt (türkis):

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    Zwischen 60 und 1400 Hz perfekte Übereinstimmung. Unter 60 Hz gibt's wieder ein kleines Mysterium - kein Messfehler, da über mehrere Messläufen reproduzierbar. Aber ich sage mal, wir lernen trotzdem daraus, dass die Nahfeldmessung (mit Schallwandkorrektur) über ein breites Frequenzband sehr gut mit der Fernfeldmessung korrelieren kann. Für Allgemeingültigkeit wären aber in diesem Punkt Untersuchungen an mehreren Gehäusen mit verschiedenen Schallwandeinflüssen notwendig.


    Alsdann. Ich fand die Ergebnisse dieser Messreihe sehr cool - wenn sie auch nur größtenteils die gängige Theorie bestätigen. Mir erleichtern sie das messen deutlich - weil ich nun 100% weiß bzw. Vertrauen darin habe, was eine Messmethode "kann", und was nicht. Ich hoffe euch ab nun auch.


    Grüsse
    Stoneeh

  9. #9
    Vollaktiv per DSP Benutzerbild von Slaughthammer
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    Super Aktion, vielen Dank dafür!

    Gruß, Onno
    wissen ist macht. nicht wissen macht auch nichts.

  10. #10
    möchte doch bloß hören... Benutzerbild von kboe
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    Danke Stoneeh!
    Thread ist gebookmarked!

    Gruß
    Bernhard
    man umgebe mich mit Wohlklang!

  11. #11
    Wenig Wissen viele Fragen Benutzerbild von SimonSambuca
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    Auch von mir vielen lieben Dank
    Grüße
    Simon

  12. #12
    Erfahrener Benutzer Benutzerbild von Chlang
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    Daumen hoch Danke

    Danke für's teilen, stoneeh!

    Das deckt sich insgesamt gut mit meinen Erfahrungen bei GP-Messungen.

    Zitat Zitat von stoneeh Beitrag anzeigen
    Die verbleibenden Differenzen würde ich wie folgt erklären: unter 40 Hz verliert die Stativmessung durch das kleine Messfenster an Auflösung und wird ungenau. Im Hochton gewinnt die mangelnde Winkelung des Mikrofons (welches ja prinzipbedingt flach am Boden liegt) zum Lautsprecher, und somit dessen üblichen Empfindlichkeitsabfall unter zu hohen Frequenzen unter Winkel, an Bedeutung - die Stativmessung wird hier zunehmend lauter. Und die 1-2 dB Abweichung zwischen ~300 und 600 Hz sind mir ein Mysterium - in jedem Fall aber nicht dramatisch.
    Hier würde ich anders interpretieren:
    Die gefensterte Messung verliert schon im Mitteltonbereich deutlich an Auflösung, wie man an dem Peak bei 700 Hz sehr gut erkennen kann. Im Hochtonbereich wirkt sich auch die fehlende Anwinklung des Messobjekts in Richtung Mikro deutlich aus - das war bei meinen Messversuchen deutlich ausgeprägter als der (kleine) Fehlwinkel des Mikros. Ich nutze allerdings auch ein Mikro mit nur 7 mm Durchmesser.
    Die Abweichungen zwischen 300 und 600 Hz dürften durch die virtuell verlängerte Schallwand (Spiegelung am Boden) verursacht sein. Dieses "Problem" existiert bei Standboxen zum Glück nicht so stark (dafür muss man stärker anwinkeln). Kompaktboxen kann man entsprechend hoch von Boden anheben - hier wollte ich immer schon mal schauen, wie weit die Box für welche Gehäusedimension angehoben werden muss, um den Fehler zu minimieren...
    ... mal sehen, wann ich dazu komme oder vielleicht hast du ja nochmal Lust zu messen.

    Grüße
    Chlang



  13. #13
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    in die Runde - wiederum, freut mich wenn's gefällt.

    Chlang: Zu "Im Hochtonbereich wirkt sich auch die fehlende Anwinklung des Messobjekts in Richtung Mikro deutlich aus" - Messobjekt angewinkelt vs. nicht zu Mikro hatte ich ja überprüft - siehe Grafik #1.

    Unterschiedlicher Bafflestep mit vs. ohne Spiegelschallquelle als Erklärung für die Abweichung im Grundton zwischen Stativmessung und GPM ist aber glaub ich in der Tat ein heißer Tipp.

  14. #14
    Erfahrener Benutzer
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    Kurzer Nachtrag zu den GPM vs. Stativ-Messungen in Post #8: die Erklärung für die leichte Dämpfung im Hochton war nicht wie angenommen, dass das Mikrofon nicht ganz auf Achse zum Lautsprecher war. Der Grund war, dass die GPM auf rauem Asphalt durchgeführt wurde. Während dies für den Großteil des Frequenzbereichs belanglos ist, dämpfen und/oder reflektieren Unebenheiten der Oberfläche im Bereich von mehreren mm offensichtlich die Wellenlängen im Bereich niedriger einstelliger cm des Hochtons.

    Nachgeprüft; links Messaufbau für die GPM eines Breitbänders auf exakt dem Asphalt, auf welchem die Messreihe in Post #8 durchgeführt wurde; rechts auf einer von mir dediziert für diesen Zweck mit Spachtelmasse präparierten, essentiell perfekt ebenen Fläche:

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    Frequenzgang schwarz Asphalt rau, türkis präparierte glatte Fläche:

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    Frequenzgang GPM glatte Fläche türkis vs. separat angefertigte Stativmessung (+6 dB) schwarz:

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    Fazit: auf glatter Fläche durchgeführt verschwindet die auf rauem Asphalt zu beobachtende Hochtondämpfung; die auf glatter Fläche durchgeführte GPM entspricht vom Frequenzverlauf der traditionellen 4pi Messung (Stativ). Geringste Differenzen, verursacht wohl durch eine leicht unterschiedliche Kantendiffraktion des Gehäuses zwischen den Messmethoden, verbleiben.


    Nachdem ich bereits durch eigene Experimentation draufgekommen war bin ich übrigens drüber gestolpert dass Erin von Erin's Audio Corner bereits genau das selbe hinter sich, und auch dokumentiert hatte. Siehe diesen Post, bzw. Seiten 9 - 10 in seinem Thread. Ich zitiere sein Fazit:

    Ground Plane measurements can, indeed, yield highly accurate results identical to their 4-pi counterpart. And it is a whole lot easier to place a speaker on the ground than it is to hoist it 8+ feet in the air.

    If you want to do ground plane measurements you need a LARGE, FLAT, concrete area.
    Ich würde lediglich ergänzen dass die glatte Fläche meinen Ergebnissen nach nicht riesig sein muss, sondern lediglich grob zwischen Hochtöner und Mikrofon vorhanden sein muss.
    Geändert von stoneeh (21.07.2022 um 09:13 Uhr)

  15. #15
    Erfahrener Benutzer Benutzerbild von Darakon
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    Auch von mir ein Dankeschön!

  16. #16
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    Vielen Dank auch von mir. Lese solche substanziellen Berichte, wie wahrscheinlich alle anderen Teilnehmer auch, sehr gerne.

    VG
    Michael

  17. #17
    Erfahrener Benutzer Benutzerbild von Darakon
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    Zitat Zitat von stoneeh Beitrag anzeigen

    Nahfeldmessung ohne (schwarz) vs. mit Bafflestep-Korrektur (in VituixCAD; rot) vs. GPM Asphalt (türkis):

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    Zwischen 60 und 1400 Hz perfekte Übereinstimmung. Unter 60 Hz gibt's wieder ein kleines Mysterium - kein Messfehler, da über mehrere Messläufen reproduzierbar. Aber ich sage mal, wir lernen trotzdem daraus, dass die Nahfeldmessung (mit Schallwandkorrektur) über ein breites Frequenzband sehr gut mit der Fernfeldmessung korrelieren kann. Für Allgemeingültigkeit wären aber in diesem Punkt Untersuchungen an mehreren Gehäusen mit verschiedenen Schallwandeinflüssen notwendig.
    Morgen Stoneeh,

    ich fand den zitierten Abschnitt am interessantesten.
    Wenn ich das richtig sehe, würde das heißen, dass man sich den Aufwand einer GPM oder Freifeld-Messung sparen kann, wenn man ein wenig mit vituix-Cad umgehen kann, oder?
    -Einfach eine Nahfeld-Messung und eine 'Standard-Messung' (zB 1m oder größer je nach Schallwandgröße) machen.
    -Den Baffle-Einfluss im Diffraction-Tool simulieren und auf die Nahfeld-Messung anweden.
    -Im Merger Nahfeld und Fernfeld bei zB 500 Hz fügen (je nach Messbedingungen)

    Passt das so?

    Grüße
    Matthias
    Geändert von Darakon (22.07.2022 um 08:35 Uhr)

  18. #18
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    So mache ich es jedenfalls, je nach Messfenster auch schon mal deutlich unter 500 Hz gemerged.

    Viele Grüße,
    Michael

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